Am 16. Juni 2020 blicken wir 50 Jahre zurück auf den Erhalt unseres „Zeugnis der Reife“ – wir die Ehemaligen der OId des Abiturjahrgangs 1970. Unsere Entlassungsfeier fand am 26. Juni 1970 statt. Anders als heute waren wir noch in einem fixen Klassenverband mit zum Schluss 19 Schülern organisiert, auch in der Oberstufe (heute Qualifikationsphase). Wenn ich mich heute an so manche Lausbubenstreiche erinnere, war das Erlangen der Reife aber wohl noch nicht ganz vollkommen. Als reine Jungenklasse hatten wir immer neue Späße im Kopf, um uns für die fachlichen Herausforderungen bei Laune zu halten. So waren unsere Wasserbomben von allen gefürchtet, die in den Fahrradkeller wollten. Lehrer zu verwirren, weil wir zu Stundenbeginn einfach komplett nicht im Klassenraum waren, gehörte ebenfalls zu unserem Repertoire. Mitschüler im Klassenschrank einzusperren war damals noch kein Mobbing grenzte aber schon an Zumutbares. Der Versuch den Zug, mit dem wir unsere Abifahrt starten wollten, schon per Notbremse im Bahnhof Bonn an der pünktlichen Abfahrt zu hindern, hätte fast unsere Reise beendet, bevor sie überhaupt angefangen hatte. Den Verursacher sucht die Bonner Bahnpolizei bis heute wohl vergebens. Gleiches gilt für einen Notfallhammer, der auf einer Klassenfahrt mit dem Bus spurlos verschwunden war. Beide Tatvorgänge bleiben bis zum heutigen Tag die am besten gehüteten Geheimnisse der ehemaligen OId.
Nun, gelernt haben wir trotzdem einiges, um in eine nächste Phase unseres Lebens einzusteigen, die von jedem von uns mehr Eigenverantwortlichkeit und natürlich auch Reife verlangte. Das Lernangebot am Helmholtz-Gymnasium für unseren naturwissenschaftlichen Abiturjahrgang z. B. mit neuesten Mathematik-, Chemie- und Physikinhalten aber auch die Nutzung des 1967/68 neu eingerichteten Sprachlabors (so hieß das damals) schaffte für viele von uns eine exzellente Basis für diverse naturwissenschaftliche Studiengänge und spätere internationale Tätigkeiten in Bereichen wie Mathematik, Informatik, Physik, Ingenieurwissenschaften oder Medizin. Einige von uns bevorzugten dennoch alternative Berufe wie z. B. Radiomoderator, Kommunikations- und Führungstrainer oder im Umfeld der Ausbildungs- und Arbeitsmarktunterstützung. Es hat uns in alle Himmelsrichtungen verstreut, nicht nur in Deutschland, sondern auch nach China und USA. Nach 50 Jahren besteht unsere Klassengemeinschaft nach wie vor und wir treffen uns alle zwei Jahre mit unseren Partnern an verschiedenen Orten in Deutschland zu einem verlängerten Wochenende mit Kulturprogramm.
Alle, die heute und morgen am Helmholtz-Gymnasium und anderswo vor ihrem Abitur stehen, kann unsere Generation insbesondere eines mit auf den Weg geben: Ausbildung ist die Basis um in der kommenden harten Wirklichkeit zu bestehen. Der internationale Konkurrenzdruck wird immer größer und unser Wohlstand in Deutschland und Europa ist nur zu halten, wenn wir wirtschaftliche Erfolge mit jungen Spitzenkräften nachhaltig sichern können. Chinesen und Koreaner sind wissenshungrig und in vielen Bereichen schon dominant unterwegs. Sichert eure Zukunft mit Ehrgeiz und Offenheit für neue Lerninhalte und Innovation.
Die Bilder aus 1968 und 1970 zeigen uns kurz vor der „Reife“. Die Fotos aus 2016 und 2018 beweisen, dass wir im fortgeschritten Reifealter mindestens bei unseren Klassentreffen noch brav zuhören können und am Literaturstudium interessiert sind. Die weiteren Bilder belegen unseren beibehaltenen verschmitzten rheinischen Frohsinn – auch bei manchmal ernsthaftem Gesichtsausdruck.
Reinhold Mertens (Klassensprecher der ehemaligen OId, Jahrgang 1970) im Juni 2020
